Mächtige Männer - Ohnmächtige Frauen?

Sa, 14.09.  |  3:45-4:30  |  Phoenix
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Männer jagen, Frauen sammeln – das ist das Bild, das bisher von der Menschheitsgeschichte vermittelt wurde. Der Mann als Jäger galt lange als Haupternährer der Familie und soll daher die Spitzenposition in der Hierarchie eingenommen haben. Falsch sagen viele Forscher heute. Steinzeitliche Künstlerinnen, reiche Fürstinnen aus der Bronzezeit und Äxte schwingende Wikingerinnen gab es tatsächlich. Das zeigen immer mehr Funde und wissenschaftliche Untersuchungen.

Steinzeitliche Künstlerinnen, reiche Fürstinnen aus der Bronzezeit und kämpfende Wikingerinnen gab es tatsächlich. Das zeigen immer mehr Funde und wissenschaftliche Untersuchungen.

Eine neue Forschergeneration deckt mithilfe modernster Analyseverfahren archäologische Irrtümer auf. Die klassischen Rollenbilder von Mann und Frau stehen auf dem Prüfstand und beginnen zu bröckeln.

Männer jagen, Frauen sammeln – das ist das Bild der Urgeschichte, wie es in Büchern und in Museen dargestellt wird. Der Mann als Jäger galt lange als der Haupternährer einer Familie und soll daher schon in den Anfängen der Menschheitsgeschichte an der Spitze der Gesellschaft gestanden haben. Falsch, sagen viele Forscher heute. Mit dieser Theorie haben frühe Archäologen lediglich den Status quo im 19. und frühen 20. Jahrhundert als "naturgegeben" postuliert. Doch nicht jedes Fundstück passte ins Bild, und mittlerweile kommen immer mehr Fehlinterpretationen ans Licht.

Beispielhaft ist ein Fall in Stockholm: In der Wikingerstadt Birka entdeckten Archäologen zur Jahrhundertwende ein Grab mit Schwertern, Pferden, Pfeil und Bogen. Lange Zeit zweifelte niemand an der Identität dieses Wikingers. Er war ein Mann, ein Krieger – keine Frage. Doch rund 100 Jahre später deckten Forscher der Universität Stockholm den Irrtum auf. Erst vor kurzem haben sie die Knochen mittels DNA-Analyse untersucht.

Das Ergebnis: Das Grab gehörte einer Frau. Sofort hagelte es Kritik von Kollegen und Presse: Eine Wikingerin in einem Prunkgrab? Nicht vorstellbar! Mit noch mehr Aufwand wurde eine zweite Studie durchgeführt. Anthropologen, Archäologen, Biologen arbeiteten Hand in Hand und stellten schließlich zweifelsfrei fest: Im Grab lag eine Frau – und sie war eine Kriegerin.

Und wenn sich bereits in die Interpretation der Wikingerkultur Irrtümer einschleichen, obwohl diese nur ein paar Jahrhunderte zurückliegt, wie sicher können dann Erkenntnisse sein, die sich auf die Steinzeit beziehen? Bisher ging die Forschung beispielsweise davon aus, dass Männer die Kunst erfunden haben. Die meisten Höhlenmalereien, zum Beispiel in der berühmten Höhle von Lascaux, werden bis heute als Jagddarstellungen oder als Beschwörung von Beutetieren gedeutet. Damit bietet sich der Jäger auch als Künstler an, denn wer wäre dem wild lebenden Tier sonst so nah gekommen, um es detailgenau abbilden zu können. Lange Zeit wurde diese Hypothese nicht angezweifelt, doch auch hier gehen einige Forscher neue Wege.

An der Universität von Liverpool untersuchen der Archäologe Anthony Sinclair und der forensische Biologe Randolph Quinney Handabdrücke, die vor 35.000 Jahren ebenfalls in Lascaux hinterlassen wurden. Die Wissenschaftler nehmen an, dass die Künstler der Höhlenmalerei mit diesen Abdrücken ihre Signaturen hinterlassen haben. Mit der Technik der geometrischen Morphologie vermessen Sinclair und Quinney die Handabdrücke aus den Höhlen, um sie mit den Handprofilen moderner Männer und Frauen zu vergleichen. Dabei ist nicht die Größe der Hände von Bedeutung, sondern geschlechtsspezifische Merkmale.

Die Überraschung war groß, als sie nachweisen konnten, dass ein beachtlicher Teil der gefundenen Abdrücke von Frauen stammten. Anthony Sinclair kann sich das nur so erklären: "Die Kunst war zur Zeit der Entdecker eine männliche Domäne. Und wir nehmen ja gern unsere eigenen Vorstellungen und stülpen sie dem über, was wir sehen und wie wir es sehen."

Wissenschaftliche Methoden, die sonst vor allem in der Forensik zum Einsatz kommen, verhelfen Wissenschaftlern heute weltweit zu neuen Erkenntnissen. In der chinesischen Provinz Henan beispielsweise graben sich Archäologen durch die Überbleibsel aus mehreren Jahrtausenden. Schicht für Schicht tragen die Forscher übereinanderliegende Siedlungsreste und Gräber ab. Mithilfe der Isotopenanalyse lassen sich aus den Funden Lebensstil, Essgewohnheiten und sozialer Status der ehemaligen Siedler rekonstruieren.

Das Ergebnis war erstaunlich. Vor der Agrarrevolution, also dem Begin

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