Radiokolleg 1945 – Ein Blick in die Schulbücher (2)
Di, 21.01. | 9:30-9:45 | Ö1
Die 1950er-Jahre stehen nach wie vor im Zeichen des Wiederaufbaus – auch im Bildungswesen. Die meisten Schulen sind wiederhergestellt und es gibt eine klare Priorität: Normalität in den Unterricht zurückzubringen und die österreichische Bildungspolitik schrittweise zu entwickeln. Mit dem Staatsvertrag und der damit einhergehenden Unabhängigkeit wird das Bildungswesen aus dem ideologischen Einfluss der Besatzungsmächte befreit. Die Schulbücher werden wieder von österreichischen Historikern verfasst. Ein radikaler Umbruch des Geschichtsunterrichts bleibt jedoch aus. Die Erzählung der jüngsten Vergangenheit des Landes bewegt sich im Rahmen des sogenannten „Opfermythos“: Die Schulbücher sprechen von Österreich fast ausschließlich als das erste Opfer Hitler-Deutschlands. Informationen über die aktive Beteiligung vieler Österreicher und Österreicherinnen an den Verbrechen des NS-Regimes werden nur marginal behandelt. In den Schulbüchern wird stattdessen die Rolle des österreichischen Widerstands glorifiziert, Kollaboration und Denunziation bleiben weitgehend ausgeklammert. Diese Darstellung soll die nationale Einheit stärken und das Selbstbild eines „befreiten“ Österreichs festigen – eine Erzählung der Geschichte, die in das kollektive Gedächtnis der Nachkriegsgeneration eingeht.
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