Vitali Klitschko im großen Interview zu seiner politischen und sportlichen Zukunft. Seinem "Heimatsender" RTL stand der Aushaneeboxer anlässlich des Kampfes seines Bruders Wladimir am Samstag gegen Mariusz Wach.
Vitali Klitschko ist leicht erkältet, als er sich am Freitagnachmittag im RTL-Interview zu den Fragen rund um die Wahl in der Ukraine, seine politischen Ambitionen, David Hayes Expedition in den Dschungel und den Kampf seines Bruders am Samstag gegen Mariusz Wach (RTL, ab 22.10 Uhr) äußert. Natürlich auch ein Thema: Will Vitali Klitschko trotz seines politischen Engagements noch einmal in den Ring steigen?
Die Wahl in der Ukraine ist knapp zwei Wochen her, mit einem für Sie nicht befriedigenden Ausgang. Zweifeln Sie das Wahlergebnis an?
Vitali Klitschko: „Ich möchte kein schlechter Verlierer sein, aber es gab viele Fälle, wo es nicht sauber zuging. Die Durchführung der Wahl und die Auszählung der Stimmen hat nicht der europäischen Gesetzgebung entsprochen. Wir sind in der Ukraine leider weit entfernt von europäischen Standards in der Politik und bei Wahlen. Wir haben etliche Fälle, in denen mit Stimmen manipuliert wurde."
Sie sprechen offen von Wahl-Manipulation. Was heißt das in der Konsequenz?
„Das heißt, dass Stimmen manipuliert wurden, dafür gibt es viele Beispiele. Wir können zwar nicht sagen, dass die gesamte Wahl in der Ukraine manipuliert war, aber es gibt viele Fälle etwa von Urkundenfälschung, in denen man das feststellen konnte."
Fordern Sie Neuwahlen?
„Nichts ist unmöglich. Aber ich glaube, in der Realität wird es keine Neuwahlen geben. Und solange immer wieder die gleichen Menschen die Stimmen auszählen, können wir so viel wählen, wie wir wollen - ändern würde sich nichts. Neuwahlen könnten in bestimmten Bezirken stattfinden. In wie vielen davon neu gewählt werden könnte, kann ich im Moment nicht sagen. Die zentrale Wahlkommission hat festgestellt, dass in fünf Wahlbezirke die Auszählungen nicht korrekt waren oder sogar gefälscht wurden, wir gehen von 13 aus."
Wie gehen Sie da weiter vor?
„Wir sind in der Ukraine zum Gericht gegangen und haben bei Präsident Janukowitsch ein offizielles Statement abgegeben. Er muss als Präsident garantieren, dass die Gesetze funktionieren. Am Donnerstag haben wir die Info bekommen, dass der Präsident reagiert. Nun muss er in den nächsten Tagen klarstellen, in welchen Wahlbezirken die Wahl nicht fair war. Und die Verantwortlichen dafür müssen bestraft werden.
Am 17. Dezember tritt das ukrainische Parlament erstmals zusammen. Sie sind gewählter Abgeordneter mit Ihrer Partei. Werden Sie am 17. Dezember im Parlament sitzen?
„Nach Lage der Dinge ja, aber genau kann ich das jetzt noch nicht sagen. Alles hängt von den Gesprächen in den kommenden Wochen ab."
Wie geschlaucht sind Sie nach den letzten Monaten Wahlkampf? Sehnen Sie sich nicht manchmal nach dem Trainingscamp im schönen Stanglwirt zurück?
„Ich fahre immer gerne zum Stanglwirt, weil ich dort einen guten Teil meines Lebens verbracht habe. Ich liebe Going, ich liebe die Ruhe dort. Aber Sie wollen ja mit Ihrer Frage auf etwas anderes hinaus: Wird Vitali Klitschko noch einmal zu einem Kampf antreten? Es gibt zwei Möglichkeiten: Aufhören oder Weiterboxen. Eine klare Antwort gebe ich bis zum 17. Dezember. Vielleicht mache ich noch ein paar Kämpfe oder ich konzentriere mich auf die politische Arbeit. Ich habe auf jeden Fall das Herz eines Boxers. Boxen war, bleibt und wird immer in meinem Herzen sein."
Genügend trockenes Pulver hätten Sie schon noch für einen Kampf?
„Ich habe genug Kraft und genug trockenes Pulver sowohl für die politische Arbeit als auch für einen möglichen weiteren Kampf."
David Haye wäre ein möglicher Gegner, wenn Sie denn weiter boxen sollten. Der Brite ist ab Sonntag Teilnehmer des britischen Dschungelcamps. Was denken Sie darüber?
„Das ist der richtige Ort für David Haye. Ich hoffe, er wird nicht von Kakerlaken, Ratten oder giftigen Spinnen gebissen. Der Mann hat Langeweile. Aber vielleicht findet er dort ja einen guten Platz für sein nächstes Trainingscamp."
Wie schätzen Sie Mariusz Wach, den nächsten Gegner Ihres Bruders Wladimir ein?
„Ich kenne ihn nicht persönlich, aber ich habe viele seiner Kämpfe gesehen. Er ist ungewöhnlich groß, stark, ungeschlagen und somit ein guter Herausforderer für Wladimir. Es wird kein einfacher Kampf. Aber ich glaube, Wladimir ist ein erfahrener Fuchs und kann das ausspielen."
Wie erleben Sie Wladimir in der letzten Vorbereitung auf den Kampf, besonders unter dem Blickwinkel, dass sein Trainer Emanuel Steward kürzlich verstorben ist?
„Selbstverständlich ist das ein sehr großer psychischer Druck, weil Emanuel Steward eine sehr wichtige Rolle für Wladimir gespielt hat. Es ist ein großer Teil der Vorbereitung, Gespräche zu führen, zu diskutieren über Taktik und Strategie. Sich ohne Trainer vorzubereiten, ohne denjenigen, der die richtigen Ratschläge gibt, ist schwierig. Ich hoffe, das wird Wladimir nicht beeinflussen. Aber ein Risiko ist da. Im Kampf werden wir sehen, wie gut Wladimir den Tod seines Trainers verkraften kann."
Werden Sie auch zur Beerdigung von Emanuel Steward nach Detroit fahren?
„Ja, ich möchte dort auch Abschied nehmen von Emanuel Steward. Er war auch eine der wichtigsten Personen in meinem Leben. Ich möchte ihm Tschüs sagen."
Quelle: RTL