Harald Krassnitzer im Interview. Mit dem TVButler sprach Oberkieberer Moritz Eisner über gesellschaftliche Gewalt, seine Teamkollegen und den Anspruch des österreichischen "Tatort".
TVButler: Was erschreckt den österreichischen "Tatort"-Kommissar am meisten?
Harald Krassnitzer: "Nicht nachvollziehbare Gewaltbereitschaft, aus dem Nichts heraus, Das sind Dinge, mit denen wir in der Gesellschaft zur Zeit nicht fertig werden. Da gibt es keine Diskussion-Bereitschaft. Es ist egal, ob du ein Kapperl aufhast oder ein Schild. Der schießt ganz einfach. Und das ist es, was uns im 'Tatort' wichtig ist, darzustellen.
Zur Zeit geht es bei den Krassnitzer-Tatorten weniger um den Opfer-Täter-Fall ...
Krassnitzer: "Stimmt. Auch der neue Fall ist eine vielschichtige Geschichte. Nach dem Eingangsplot glaubt man zu wissen, wo die Reise hingeht. Es treffen zwei Pole auf einander. Der amerikanische Kongressleiter in Sachen Social Medias und der junge Österreicher, irakischer Abstammung, der sich in die Luft sprengt. Da kann man sich schon vorstellen, was da in Österreich für eine Geschichte herauskommt."
Sind Polit- und Behördenintrigen ein verstärkt österreichisches Symptom?
Krassnitzer: "Man sollte aufhören, das hier losgelöst zu sehen. Es gibt einen großen gesellschaftlichen Wandel. Man denke jetzt an Frankreich, aber auch Belgien und Norwegen. Obwohl die österreichische Variante: 'Ich fall nur aufi, aber nie obi', schon gegeben ist."
Der Grund dafür?
Krassnitzer: "Wir nehmen hier viel mehr wahr, weil wir ein kleines Land sind, und weil wir die Player kennen. Je größer die Länder ,umso komplexer die Player."
Das "Tatort"-Team erneuert sich immer mehr ...
Krassnitzer: "Es ist ein Glücksfall, dass Dorfer und Vitasek für den 'Tatort' gewonnen werden konnten. Adele (Neuhauser, Anm.) war genau das, was der 'Tatort' braucht. Kongenial. Das macht auch mir als Schauspieler großen Spaß. wenn jemand an der Seite ist, der den selben Schmäh hat, den uneitlen Mut zur Hässlichkeit - und dann das Gefühl, da ist was Schönes gelungen."
Was ist das Wesen des österreichischen "Tatorts":
Krassnitzer: "Wir müssen sehr aufpassen, wo der 'Tatort' steht. Wir wollen ja eine spannende Geschichte erzählen. Dass dazwischen einmal der Schmäh rennt, ist klar. Aber wir wollen das nicht inflationär einsetzen. Aspekte der Berührtheit, der Betroffenheit sind wichtig. Da hat man keine große Schmähwiese laufen. Wir wollen nicht, dass man zum Schluss nicht mehr weiß, was war die Geschichte, weil man nur zwei Schmähbrüder gesehen hat."
Was macht den "Tatort" aus?
Krassnitzer: "Der 'Tatort' ist ein länderübergreifendes Projekt. Er hat Platz für viele Facetten. Wir entscheiden uns für ganz klare Sachen und wollen uns nicht ins Fahrwasser begeben um uns mit Lustigkeiten mit den anderen zu konkurrenzieren."
Wird die Art der Fälle so weitergeführt und was kommt als nächstes?
Krassnitzer: "Diese großen Geschichten sind auf Dauer nicht zu erfüllen. Die nächsten beiden Geschichten spielen einerseits in Kärnten und reißen die Slowenengeschichte an und andererseits im Rotlichtmilieu in Wien."
Danke fürs Gespräch