NETZ NATUR Kuh-Schweiz?

Mi, 25.12.  |  11:25-12:15  |  SFinfo
Info / Dok, Schweiz 2011
Sie gehört zu den Klischees der Schweiz wie Matterhorn und Edelweiss: Die Kuh ist das Schweizer Nationaltier. Doch wie leben Kühe jenseits des Klischees? «NETZ NATUR» zeigt, wie glücklich Kühe heute in der Schweiz wirklich sind. Produktion: SRF 2011.

Es ist jedes Mal ein Wunder, wenn ein Kalb zur Welt kommt. Klitschnass und hilflos flutscht es nach langen, mühevollen Wehen aus der Kuh, hebt bald den Kopf, tut den ersten Schnauf und schaut mit seinen grossen Augen ungläubig in die neue Welt. So geschieht es immer gleich, seit acht Jahrtausenden, seit der Mensch im Nahen Osten aus dem wilden Urrind ein zahmes Haustier züchtete. Doch was nach der Geburt kommt, könnte unterschiedlicher nicht sein: Ob ein Kalb in einer Sommernacht auf einer Weide unter dem Apfelbaum zur Welt kommt oder im tiefen Strohbett einer Bretterbox im Stall das Neonlicht der Welt erblickt, ist bezeichnend für sein Schicksal. Hat es eine steile Karriere vor sich, als Superkuh mit einem Euter, aus der Zehntausende von Litern Milch gemolken werden? Oder wird es in einer Herde bei der Mutter auf der Weide aufwachsen und dann mit zehn Monaten in den Schlachthof gefahren und zu Rindfleisch verarbeitet?

Zwei Geburten als Ausgangspunkt einer Reise durch die «Rindvieh-Szene Schweiz»: Wie hat sich das Leben von Kälbern, Rindern und Kühen in den letzten 20 Jahren verändert, seit «NETZ NATUR» zum ersten Mal über das unbekannte Wesen der Kuh berichtete?

Die Reise führt in Ställe mit schier unglaublicher Milchleistung, zu Mutterkuhherden auf den Weiden mit ihren verspielten Kälbern, auf Alpen mit stolz behornten Kühen und solchen, die hornlos unter ungeheurem Körpereinsatz alles geben. Sie zeigt, was aus Kühen wird, die als Produktionsfaktor zu Spielbällen einer immer atemloseren Landwirtschaftsentwicklung werden, und solchen, die mehr sein können als nur Milch und Fleisch.

«NETZ NATUR» führt durch Drama und Idylle, enthüllt Bedenkliches, entdeckt Heiteres gleichermassen und zeigt Bauern im Dilemma, wenn es um Wirtschaftsleistung und ums Wohl der Tiere geht. Der genaue Blick auf das Tier zeigt, wo dessen Möglichkeiten und seine Grenzen liegen und weshalb diese unter wirtschaftlichem Druck nur allzu oft überschritten werden. Das «NETZ NATUR»-Team hat viele Bauern getroffen, die wirtschaftlichen und politischen Zwängen völlig ausgeliefert sind und den Tierarzt und seine Medikamente liebend gern weniger häufig auf dem Hof hätten, als es für ihre Tiere nötig scheint. Beim Nutztier Rind zeigt sich jedoch einmal mehr, dass gesunde Nahrungsmittel letztlich nur mit natürlich gesunden Tieren zu produzieren sind.

«NETZ NATUR» hat vielversprechende Ansätze zu neuen alten Rinderrassen gefunden und zeigt, dass «Geiz ist geil!» bei Milch und Fleisch immer auf Kosten der Tiere geht. Ungesunde Entwicklungen in der Tierhaltung fallen auch beim Rindvieh unweigerlich wieder auf die Menschen zurück – und dies schmerzlicher, als ihnen lieb ist. Insofern haben in diesem Land, das sich nur allzu gern über Kühe, Käse und Milchschokolade verkauft, nicht nur Bauern und Politiker, sondern alle etwas zur Kuh-Schweiz zu sagen – und zu entscheiden.

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