Schweizer Hotelgeschichten Schlösser der Belle Époque
Do, 26.12. | 14:45-15:40 | SF1
Info / Dok, 2017
Der wirtschaftliche Aufschwung, der Ausbau der Verkehrsnetze in der Schweiz und sinkende Transportkosten führten dazu, dass sich um die Jahrhundertwende immer mehr Menschen eine Auszeit in den Bergen gönnten. So wurden die Grandhotels zu bürgerlichen Palästen auf Zeit, in deren Gesellschaftsräumen und Lesesälen sich berühmte Denker und Literaten wie Thomas Mann, Hermann Hesse oder Albert Einstein begegnen konnten.
Auf der Suche nach Inspiration in der Abgeschiedenheit nächtigten sie damals auch im Waldhaus Sils. In 1800 Metern über dem Meeresspiegel thront es strahlendweiss mit seinen Türmen und Zinnen wie eine Festung. Bis heute ist das Fünf-Sterne-Hotel ein Ort, an dem die Zeit ihr ganz eigenes Tempo hat und dabei viel Raum gibt für kulturelles Schaffen.
Seit seiner Gründung im Jahr 1908 ist das Haus in Familienbesitz. An einem persönlichen Umgang ohne Glamour-Attitüden halten auch die beiden jungen Direktoren Claudio und Patrick Dietrich fest. Gewisse Traditionen überdauerten alle fünf Generationen. So ist das tägliche, gemeinsame Mittagessen der Hotelierfamilie ein festes Ritual. Jeden Morgen wird die Magneta, eine Uhrenanlage aus der Gründungszeit, aufgezogen, die ein Dutzend Nebenuhren steuert. Auch ein Welte-Mignon, das erste mechanische Reproduktionsklavier, wird seit vier Jahrzehnten liebevoll vom Haustechniker Guido Schmidt gepflegt.
Auch das Grandhotel Giessbach im Berner Oberland, oberhalb des Brienzer Sees, war bei den Reisenden überaus beliebt. Sie kamen vor allem, um den imposanten Giessbachwasserfall zu bestaunen, der direkt am Hotel 400 Meter in die Tiefe stürzt. Vom hoteleigenen Schiffsanleger bringt eine Bergbahn die Gäste die letzten 100 Meter hoch ins Hotel. Da angekommen, treffen die Reisenden dann meistens auf Slavka Lazic, Chefgouvernante des Grandhotels, seit 25 Jahren im Dienst und überall im Haus unterwegs. Doch dass es die 70 Zimmer und Suiten des historischen Grandhotels überhaupt noch gibt, ist nur einer ganz besonderen Initiative zu verdanken: Als das Grandhotel Ende der 1970er-Jahre durch einen modernen Neubau ersetzt werden sollte, gründete der streitbare Umweltschützer Franz Weber die Stiftung Giessbach dem Schweizervolk und sammelte drei Millionen Franken, um das Hotel zu retten. Vera Weber, seine Tochter, kämpft heute an der Spitze der Stiftung gemeinsam mit dem Vorstand um die finanzielle Basis des Hauses. Immer noch spenden besonders engagierte Dauergäste Erbstücke aus der Zeit der Belle Époque - oft wertvolle Antiquitäten aus Familienbesitz.
Die zweite Folge von «Schweizer Hotelgeschichten» zeigt, wie es den Traditionshäusern gelingt, die Herausforderungen der neuen Zeit zu meistern ohne den ursprünglichen Geist zu verlieren. Sie ist eine faszinierende Entdeckungsreise in die Belle Époque.
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