Das Uhrwerk des Lebens
Was ist Kindheit, und wie sah sie in der Geschichte der Menschheit aus? "Terra X" blickt zurück in die Vergangenheit und stellt Fragen zur Kindheit, die uns auch heute noch beschäftigen.
Biologisch verläuft die Kindheit immer noch so wie vor Tausenden von Jahren. Doch die Umstände, unter denen Kinder aufwachsen, haben sich radikal verändert. In der westlichen Welt von heute haben Millionen von Kindern die Chance, zu lernen und sich frei zu entfalten.
Für die einen ist sie die schönste Zeit ihres Lebens. Für andere ist sie unerträglich. Die Kindheit ist die Zeit, in der wir am meisten wachsen und lernen. Kinder sind neugierig, sie bewegen sich mit großen Augen durch die Welt. Was ist Kindheit? Wie sind Erwachsene mit Kindern umgegangen? Wer musste arbeiten, wer durfte spielen und wer lernen? Welchen Wert haben Kinder – und wie wurden sie wahrgenommen? Gab es schon immer auch für Kinder aus armen Verhältnissen eine Chance auf Bildung?
In der Geschichte der Menschheit geht es Kindern längst nicht immer gut. Im antiken Griechenland wird Kindheit als Zeit menschlicher Unvollkommenheit missachtet. In Rom hängt es allein vom Vater ab, ob er den Säugling annimmt, aussetzt oder sogar töten lässt. In der Neuzeit müssen Kinder oft mit in den Krieg ziehen, manchmal sogar als Soldaten an die Front. In manchen Epochen sterben viele von ihnen noch vor der Pubertät an Krankheiten wie Pocken, Diphtherie oder dem Schwarzen Tod. Erst die Sternstunden der Medizin, das bessere Wissen um Hygiene und die Kinderheilkunde schenken den meisten Kindern ein langes Leben – zumindest in der westlichen Welt.
Auch die Vorstellung von einer gelungenen Erziehung wird erst durch eine revolutionäre Idee geformt: Mit der Aufklärung – besonders durch den Roman "Emile" von Jean-Jacques Rousseau – ändert sich das Bild von einer glücklichen Kindheit grundlegend. Rousseau fordert, dass sich Kinder frei entwickeln und unbelastet ihren Neigungen nachgehen dürfen. Die Erwachsenen sollen sie dabei nur unterstützen. Mit Rousseaus Werk wird das Konzept der autoritären Erziehung erstmals grundlegend hinterfragt, führt aber zu einer lautstarken Gegenreaktion.
Doch wie immer: Kinder aus ärmeren Familien müssen hart arbeiten. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts tritt ein Kinderschutzgesetz in Kraft, das Arbeit in Gewerbebetrieben für Jungen und Mädchen unter zwölf Jahren verbietet. Und seit 1919 gilt für ganz Deutschland die Schulpflicht. In weiten Teilen der Erde aber ist Kinderarbeit noch heute gang und gäbe – vor allem in Asien und Afrika. Ihnen wird ihre Kindheit genommen und das Recht, sich frei zu entwickeln.
Die Dokumentation erzählt von der Geschichte der Kindheit – vom ältesten Spielzeug, das Archäologen gefunden haben, von der Pädagogik im antiken Griechenland und von Kindesaussetzungen im alten Rom. Der Film thematisiert auch kindliche Rollenspiele an ehrwürdigen Domschulen und Schreibfehler auf Tafeln, die mehrere Tausend Jahre alt sind. Interviews mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern helfen, Erkenntnisse über die Kindheit zu entdecken und sie zu deuten. Dabei kommt die Dokumentation zu überraschenden Ergebnissen. Denn vieles in der Geschichte der Kindheit war ganz anders als bislang angenommen.
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