Radiokolleg Aus dem Takt? (4)

Do, 03.04.  |  9:05-9:30  |  Ö1
Durch und durch vermessen

Ein Humanoid ist eine Konstruktion, die einem Menschen ähnelt, aber kein Mensch ist. Manche meinen: dasselbe gelte immer mehr auch für die chrono-politischen Anforderungen und Bedingungen, die immer mehr den chrono-biologischen Bedürfnissen zuwiderlaufen.Doch nicht alles ist politisch vorgetaktet – vielem unterwerfen wir uns auch freiwillig. Wobei die Frage nach der Freiwilligkeit immer eine komplexe ist, werden wir doch alle sozialisiert und verhalten uns dann auch dementsprechend. Aus der gesellschaftlichen Haut kann keiner so leicht heraus. Tracking-Methoden – seien es nun Uhren, Armbänder oder bestimmte Apps – sind für immer mehr Menschen fixer Bestandteil des Freizeitlebens. Ob Sport, Ernährung, Schlaf oder Unterhaltung – die Vermessung läuft mit, gilt das auch für die innere Uhr? Kann diese durch bestimmte Tools geschärft werden, oder verlernen wir damit auf den inneren Takt zu hören?Fortsetzung oder Ausgangspunkt – je nach Betrachtungsweise – findet die Vermessung im Arbeitsleben statt. Und das immer mehr. In der Schweiz verlangt ein Unternehmen von seinen Angestellten auszustempeln, sobald sie auf die Toilette gehen. Dieses Vorgehen wurde kürzlich von einem Gericht als rechtens erklärt. Apropos: betreffende Firma „Jean Singer & Cie SA“ produziert: Uhren.Aber nicht nur dieser Sektor tickt nach vorgegebenen Regeln. Ebenso die Wissenschaft folgt ihren eigenen Standards, muss sich aber auch einer kapitalistischen Logik beugen. Unterdessen haben Menschen das Gefühl, sie lebten in einer sich stetig beschleunigenden Welt – zugleich verbringen wir aber immer mehr Zeit mit Warten. Das erzeugt eine permanente Ungeduld, schildert Ulrike Felt. Die Physikerin und Leiterin des Instituts für Wissenschafts- und Technikforschung an der Universität Wien hat ein Buch dazu geschrieben, das demnächst erscheint.

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