Menschenbilder Anna und Heinrich Sussmann, Fälscher der Résistance, Künstler, Zeitzeugen

Mi, 27.11.  |  0:05-0:55  |  Ö1
Kunst im Widerstand. Der Grafiker und Maler Heinrich Sussmann (1904 – 1986) und seine Frau Anna Sussmann (1909 – 1985)

Im Sommer 2024 würdigte das Österreichische Kulturforum in Paris in der Ausstellung „Résistance à l’autrichienne“ den österreichischen Beitrag zur französischen Widerstandsbewegung anhand dreier Persönlichkeiten – eine davon ist Anna Sussmann. Auch ihr Mann Heinrich leistete als Fälscher einen Beitrag zum Kampf gegen die nationalsozialistische Besatzung Frankreichs.Eine neue Biografie erzählt die Geschichte des Paares, das sich im Wien der 1920er Jahre in Künstlerkreisen kennengelernt hat: die Modistin und Schauspielerin Anna, genannt Anni, Goldscheider aus Wien und Heinrich Sussmann, geboren im heutigen ukrainischen Ternopil, damals als Tarnopol Teil des österreichischen Kronlandes Galizien. Sie spielte an der Proletarierbühne, er war Bühnenbildner.1929 geht Heinrich Sussmann nach Berlin und ist als Karikaturist vor allem für den Ullstein-Verlag tätig, Arbeiten von ihm werden in der Berliner Secession ausgestellt. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 flüchtet er nach Wien und emigriert nach kurzer Zeit nach Paris. Anni Goldscheider ist nach dem Februar 1934 im Untergrund politisch aktiv, 1937 fährt sie nach Paris, wo beide heirateten. In der französischen Hauptstadt ist das Ehepaar Teil der emigrierten Kunst- und Literaturszene, bekannt mit Walter Hasenclever, Egon Erwin Kisch oder Joseph Roth. Unter der deutschen Besetzung schließen sie sich der Résistance an. Heinrich Sussmann erstellt gefälschte Identitätskarten, ohne die Hilfe seiner Frau hätte er seine Arbeit nicht vollbringen können. 1944 werden beide verhaftet und – sie hochschwanger – ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Ihr Kind wird unmittelbar nach der Geburt von Josef Mengele ermordet.Ab 1945 lebt das Ehepaar wieder in Österreich. Anni Sussmann ist im KZ-Verband und als „Zeitzeugin“ vor allem in Schulen tätig. Heinrich Sussmann gestaltet einen Teil der Ausstellung „Niemals vergessen“ 1946 im Wiener Künstlerhaus; in den folgenden vier Jahrzehnten schafft er Plakate und Karikaturen, Grafiken, Gemälde und Bühnenbilder, Glasfenster für die österreichische Gedenkstätte in Auschwitz und für die Zeremonienhalle im jüdischen Teil des Wiener Zentralfriedhofs. Heinrich Sussmanns Werke befinden sich in zahlreichen Museen im In- und Ausland, der Bibliothèque Nationale in Paris, dem Israel Museum in Jerusalem, der Albertina und dem Jüdischen Museum in Wien. Dieser Tage erscheint eine Biographie von Anni und Heinrich Sussmann, (fiktiv) erzählt von dem früh verstorbenen Kind des Paares. Aus diesem Anlass wiederholen die „Menschenbilder“ ein Porträt, das erstmals zum 75. Geburtstag von Anni Sussmann und dem 80. Geburtstag von Heinrich Sussmann im November 1984 gesendet wurde.Gestaltung: Monika Horsky und Franz Richard Reiter

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