Gestrandet - Deutsche Flüchtlinge in Dänemark 1945
Mi, 27.11. | 21:00-21:45 | NDR
Kultur
In den letzten Kriegsmonaten 1945 zwingt das Naziregime das besetzte Dänemark, rund 250.000 deutsche Flüchtlinge aufzunehmen. Die Menschen, überwiegend Frauen, Kinder und Alte, sind vor der Roten Armee vor allem aus Pommern, Ost- und Westpreußen geflüchtet und werden nun gewaltsam ins nördliche Nachbarland weitergeschoben. Viele von ihnen sind von der Flucht traumatisiert, ausgehungert und krank. 13.000 Menschen sterben kurz nach der Ankunft, darunter 7000 Kleinkinder unter fünf Jahren.
Das kleine Land Dänemark mit gerade einmal vier Millionen Einwohnern sieht sich vor der größten humanitären Herausforderung seiner Geschichte: 250.000 Flüchtlinge müssen in kurzer Zeit in Schulturnhallen, Kirchengemeinden und Kasernen untergebracht, medizinisch versorgt und ernährt werden; während die dänische Bevölkerung selbst kaum genug zu essen hat und unter dem Terror der Besatzungsmacht leidet. Entsprechend schwanken die Dänen zwischen Deutschenhass und Mitleid: Die Geflüchteten kommen zwar aus Nazideutschland, sie sind "Feinde", aber sie haben alles verloren und brauchen Schutz und Hilfe.
Nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945 hofft Dänemark, die Flüchtlinge schnell abschieben zu können. Doch die Alliierten verweigern dies wegen der chaotischen Lage in den deutschen Besatzungszonen. Dänemark interniert die Flüchtlinge deshalb in Lagern und verhängt ein strenges Kontaktverbot. Man möchte verhindern, dass sie sich in Dänemark niederlassen, und vorbereitet sein, sie baldmöglichst gesammelt zurückzuschicken.
Nach und nach etabliert sich ein organisiertes ziviles Leben in den Lagern mit gewählten "Bürgermeistern", Schulen und Freizeiteinrichtungen. Aber auch mit Umerziehung durch neue Schulbücher und Aufklärungsfilme.
Die Versorgungslage und die gesundheitliche Situation der Menschen verbessern sich zusehends. Im November 1946, nach eineinhalb Jahren, verlassen die ersten Flüchtlinge Dänemark Richtung Westdeutschland. Der letzte Flüchtlingszug rollt am 15. Februar 1949.
Vier überlebende Zeitzeugen, damals Kinder zwischen fünf und 15 Jahren, erinnern sich an dramatische Monate und den Sieg der Menschlichkeit.
Die Schwestern Irmgard Ritgens (1930 - 2023) und Edith Cyrus (geb. 1937) flüchten im Februar 1945 mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern aus Königsberg, heute Kaliningrad. Über die Ostsee gelangen sie unter dramatischen Umständen nach Dänemark. Ein fremdes Land, wo angeblich "Milch und Honig fließen", wie sich Edith erinnert. Doch stattdessen krabbeln die Maden aus dem Limburger Käse und die Graupensuppe sieht aus "wie schon mal gegessen". Die Mädchen werden von Dänen bespuckt, bekommen aber auch kleine Geschenke durch den Stacheldrahtzaun gereicht und knüpfen zarte Kontakte mit den Kindern des Hausmeisters, trotz Fraternisierungsverbots. Später finden sie in Westdeutschland ihren vermissten Vater wieder und leben bis zu Irmgards Tod 2023 Haus an Haus in Eschweiler in Nordrhein-Westfalen.
Elsbeth Schönrock (geb. 1933) flieht mit ihrer Mutter und ihrer Schwester aus Danzig. Sie erinnert sich an Wochen voller Angst, ehe sie am 1. Mai 1945 Kopenhagen erreichen. "Jetzt kann uns nichts mehr passieren, jetzt sind wir in Sicherheit", sagt die Mutter. Tragischerweise stirbt sie kurz darauf an den Folgen eines irrtümlichen alliierten Luftangriffs auf einen Flüchtlingszug im Bahnhof von Skjern. Ausgerechnet an dem Tag, als der Krieg in Dänemark endet. Elsbeth erinnert sich an die Entbehrungen im Lager, an die fehlende Intimsphäre in den engen Mehrbettzimmern. Aber auch an viele unbeschwerte Kindheitsmomente. Immerhin waren fast 50.000 der Geflüchteten Kinder, darunter viele Waisen. Einige blieben bis zu vier Jahre dort. Seit 1980 besucht Elsbeth jedes Jahr das Grab ihrer Mutter in Oksbøl. Für sie ein persönlicher "Glücksmoment".
Jörg Baden (geb. 1939) und seine Familie fliehen unter russischem Beschuss von Warnemünde nach Kiel. Nur mit Mühe kann seine Mutter davon abgehalten werden, in Panik mit ihm und seinem Bruder an der Hand in di
Kamera:
Casper Høyberg
Dino von Wintersdorff
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