Universum-Dreiteiler: Die Anden

Teil 3 und Finale der „Universum“-Reise durch „Die Anden“ führt in „Patagoniens wildes Rückgrat“ – am 16. April um 20.15 Uhr in ORF 2. Facettenreicher „Universum“-Bilderbogen über „Die Anden“!

  1. Teil 1: „Schneeberge in den Tropen“ am 2. April um 20.15 Uhr in ORF 2
  2. Teil 2 – „Im Hochland der Extreme“ – zeigt ORF 2 am 9. April in ORF 2
  3. Der dritte und letzte Teil – „Patagoniens wildes Rückgrat“ – folgt am 16. April um 20.15 Uhr.

Mit einer Länge von rund 7.000 Kilometern sind die Anden der längste Gebirgszug der Erde. Gleichzeitig sind sie einer der jüngsten, sie begannen erst vor rund 50 Millionen Jahren, sich aufzufalten. Ihre höchsten Gipfel erreichen fast 7.000 Meter – und die Berge sind immer noch „im Wachsen“. Viele der Vulkane sind nach wie vor aktiv. Während sie Feuer speien, werden sie selbst immer weiter hochgehoben.

Mehr als drei Jahre benötigte das Team um Christian Baumeister, um die neue Serie „Die Anden“ fertigzustellen. Über 30.000 Reisekilometer legte die Film-Crew allein im Geländewagen zurück, meist auf steilen Schotterwegen, fern jeder menschlichen Behausung. Wochenlange, kräftezehrende Märsche durch sumpfiges Hochland in 5.000 Metern Höhe waren nötig, um auf den Spuren einer Brillenbärfamilie packende Szenen einzufangen. Das Resultat: ein Bilderbogen, der die vielfältige Landschaft der Anden in ihren faszinierendsten Facetten zeigt. Der Dreiteiler entstand als Koproduktion von ORF, WDR, Smithsonian Networks, NDR, ARTE, SRF und SVT.

Teil 3: Patagoniens wiildes Rückgrat. Bildgewaltiges Finale der „Universum“-Reise durch „Die Anden“

Die „Torres del Paine“ – drei steile Granitnadeln bis zu 2.800 Metern Höhe – überragen weithin sichtbar den gleichnamigen Nationalpark in Chile. Dort liegt das Reich der Pumas. Im Alter von drei Monaten nimmt die Puma-Mutter ihre Jungen mit auf die Jagd. Jetzt müssen sie lernen, wie man sich unauffällig anschleicht. Beim ersten Ausflug sind die Kleinen aber viel zu neugierig und ungeduldig – und machen auch den Jagderfolg ihrer Lehrmeisterin zunichte.

Als „lebende Fossilien“ stehen Araukarien an den Hängen der patagonischen Anden. Diese Bäume gab es hier sogar schon, bevor es das Gebirge gab. Bereits vor 200 Millionen Jahren – zur Zeit der ersten Dinosaurier – standen die Baumriesen da. Heute sind es Vögel, vor allem Smaragdsittiche, die am weitesten südlich lebenden Papageien, die sich an den Zapfen der Araukarien gütlich tun. Einen wichtigen Beitrag zur Verbreitung der Bäume leistet auch – eine Etage tiefer – die Anden-Langkrallen-Maus. Ihr schneller Stoffwechsel zwingt die Maus, immer für Nahrungsvorräte zu sorgen. Sie frisst, verschleppt und vergräbt die Samen der Araukarie. Aus den Depots, die sie nicht wiederfindet, wachsen wieder neue Bäume.

Es gibt in Patagonien aber auch artenreiche Urwälder, wie den Valdivianischen Regenwald. Er ist weit weniger bekannt als der Amazonas-Dschungel und doch einer der üppigsten Regenwälder der Welt. 90 Prozent der Arten, die hier zu Hause sind, gibt es nirgendwo sonst. Eine dieser Raritäten ist der Darwin-Nasenfrosch, der seine Nachkommen auf besondere Weise beschützt: Das Männchen verstaut den befruchteten Laich in seiner Schallblase, wo die Eier zu kleinen Fröschen heranreifen. Dann würgt der Vater sie wieder heraus. Der Darwin-Hirschkäfer ist neun Zentimeter lang, die Hälfte davon sind die zu Scheren ausgebildeten Mundwerkzeuge. Zur Paarungszeit liefern sich rivalisierende Männchen schonungslose Ringkämpfe um das Weibchen. Meist gibt dabei die größere Reichweite der Scheren den Ausschlag.

Wenn es dem Puma-Weibchen gelungen ist, ein Guanako zu schlagen, heißt das noch keineswegs, dass die Raubkatze und ihre Jungen sich werden sattfressen können. Ist die Beute nicht gut genug versteckt, treten sofort Nahrungskonkurrenten auf den Plan. Patagonische Füchse sichern sich rasch ein paar Happen, während das Pumaweibchen die Jungen heranholt. Der Andenkondor erscheint am Himmel, sobald tagsüber die Aufwinde stark genug werden, ihn zu tragen. Mit seinen drei Metern Flügelspannweite zieht er unermüdlich Kreise, immer auf der Suche nach Kadavern. Vor dem Kondor zeigen die anderen Respekt. Doch seine Größe ist zugleich des Kondors größtes „Handicap“: Vollgefressen braucht der riesige Vogel eine günstige Startbahn, um wieder abheben zu können. Gelingt es dem Pumaweibchen, das erbeutete Guanako an einem Ort zu deponieren, wo Kondore schlecht wieder abfliegen können, ist der Kadaver vor den Vögeln sicher.

Bereits wenige Tage nach dem Schlupf sind junge Sturzbachenten bereit zu ihrem ersten Ausflug: Die Eltern locken ihre Küken ins eiskalte Gletscherbachwasser. Sie füttern sie nicht, lotsen die Jungen aber zu den Futtergründen. Im sauerstoffreichen Wasser leben viele Insektenlarven, ihre Hauptnahrung. Sturzbachenten können bis zu 18 Sekunden lang tauchen. Besonders für die Küken ist es aber wichtig, nicht in die starke Strömung zu geraten, sondern in Ufernähe zu bleiben. Nach dem aufregenden ersten Ausflug tut eine Rast im Schutz der elterlichen Flügel gut.

Teil 2: „Im Hochland der Extreme“ 

Der Titicacasee ist nicht nur der bekannteste, sondern auch der größte Süßwassersee Südamerikas. Er liegt zum Teil in Peru, zum Teil in Bolivien, im Hochland des sogenannten Altiplano. Der berühmte See hat aber einen weitgehend unbekannten Bewohner: den Titicaca-Riesenfrosch. Um trotz der dünnen Luft auf 3.800 Metern Höhe genug Sauerstoff zu bekommen, hat der Frosch seine Atmung „perfektioniert“: Er verbringt sein Leben im Wasser und atmet über eine mit vielen Falten stark vergrößerte Außenhaut.

Die Hochebene des Altiplano liegt zwischen den Hochgebirgszügen der Ost- und der Westanden. Das Hochland ist flächenmäßig gut doppelt so groß wie Österreich und liegt durchschnittlich 3.600 Meter über dem Meeresspiegel. Um in dieser Höhe schnell laufen zu können, haben Vikunjas im Vergleich zu anderen, in tieferen Regionen lebenden Kamel-Verwandten extra große Herzen und Lungen. Vikunjas leben in Familienverbänden, ein Hengst und mehrere Stuten und Jungtiere. Während die Herde grast, bleibt der Hengst wachsam, um bei Gefahr rechtzeitig warnen zu können. Geschwindigkeit ist entscheidend – etwa ein Drittel aller Vikunja-Fohlen werden in den ersten sechs Monaten ihres Lebens vom Puma gerissen. Vikunjas werden immer in den Morgenstunden geboren. So kann die Mutter das Fohlen trockenlecken, bevor die Sonne wieder am Horizont verschwindet und Frost einfällt. Später ist die Wärmedämmung des Vikunja-Fells so gut, dass Schnee auf dem Rücken eines Vikunjas sogar liegen bleibt, ohne zu schmelzen.

Die „Laguna Colorada“ ist ein flacher See mit hohem Mineralstoffgehalt im Süden des Altiplano. Um sich vor der starken UV-Strahlung zu schützen, lagern die Algen im Wasser rote Farbpigmente ein. Damit haben sie dem See zu seiner exotischen roten Farbe – und zu seinem Namen – verholfen. Drei verschiedene Flamingo-Arten kommen hier her, um die roten Kleinstlebewesen aus dem Wasser zu seihen. Dabei gelangt die rote Farbe in den Stoffwechsel der Flamingos und färbt diese rosa. Auf über 4.000 Metern Seehöhe kommt es vor, dass die Laguna in den Morgenstunden mit einer dünnen Eisschicht überzogen ist. Es macht den Flamingos nichts aus, im Eiswasser zu waten, denn in ihren Beinen findet ein raffinierter Wärmeaustausch statt: Venen und Arterien verlaufen nebeneinander, Wand an Wand. So wird das Blut angewärmt, während es durch die langen Flamingo-Beine zum Herzen aufsteigt.

Das Klima am Anden-Westrand ist wüstenähnlich. Nach einem Regen entfaltet sich eine vielfältige, aber kurzlebige Blütenpracht. Kakteen speichern Wasser, denn es kann Monate dauern, bis wieder ein Tropfen fällt. Aber auch Tiere sorgen für magere Zeiten vor. Beutelratten speichern ihren „Vorrat“ als Fettdepots im Schwanz. Wenn die Fettschwanz-Beutelratte versucht, einen Schwarzen Chileskorpion zu jagen, muss sie schnell und geschickt sein: Gezielt beißt sie ihm den Stachel ab – dann kann der Skorpion sie nur noch zwicken.

Im extremen Klima des Anden-Hochlandes gerieten auch die Dreharbeiten mitunter zur echten Herausforderung. Auf den Spuren der Flamingos mussten die Kameraleute – unauffällig im rosa Tarnanzug – auf 4.000 Metern Seehöhe kilometerweit durch knietiefen Schlamm und eiskaltes Wasser waten. Erstmals tauchten sie auch in die Tiefen des Titicacasees, um den bizarren Titicaca-Riesenfrosch mit der Kamera zu begleiten. Beim Filmen eines heftigen Gewitters auf der offenen Salzpfanne im Hochland war das Team ungeschützt den Mächten der Natur ausgeliefert.

Teil 1: „Schneeberge in den Tropen“

In den Nordanden sind die Gipfel fast immer in Wolken gehüllt und Nebel sorgt für üppige Vegetation an den Hängen und in den Tälern. Die Kombination aus Hochgebirge und Äquatornähe erzeugt ein einzigartiges Klima – mit hochspezialisierten Bewohnern. Gelbschwänzige Wollaffen verlassen die Baumkrone so gut wie nie. Ein langer Greifschwanz hilft ihnen nicht nur beim Klettern, er kann ganz alleine das gesamte Gewicht seines Besitzers tragen, sogar während dieser Siesta hält. Diese Affen sind extrem selten: Nur etwa 250 Exemplare gibt es in ganz Südamerika. In der dichten Vegetation des Nebelwaldes ist der Anden-Makibär so gut versteckt, dass er überhaupt erst im Jahr 2013 entdeckt wurde. Über diesen entfernten Verwandten des Waschbären ist noch wenig bekannt. Seine nächtliche Lebensweise im unwegsamen Dickicht macht eine Begegnung zu einer echten Sensation. Im Gegensatz zu ihren Verwandten auf der Nordhalbkugel halten Brillenbären keinen Winterschlaf. In den tropischen Tälern der Nordanden finden die Allesfresser das ganze Jahr über genügend Nahrung. Die Bärenmutter führt ihre Jungen von einem Tal ins andere. Sie weiß, wo es etwas zu fressen gibt, und die Kleinen lernen dabei auch, das schwierige Terrain zu meistern. Beim ersten erfolgreichen Versuch, die Eier aus einem Vogelnest zu holen, geraten die Bärenkinder prompt in Streit, doch als sie das erste Mal einer Boa constrictor gegenüberstehen, sind sie sich einig: Höchste Vorsicht ist geboten.

Die Engelstrompete ist eigentlich keine Gebirgspflanze. Weil die Anden aber immer weitergewachsen sind, ist die Schlingpflanze mit den orangefarbenen Blütenkelchen in ihrer Heimat mittlerweile in Höhenlagen geraten, wo es kaum noch Insekten gibt. Bestäubt wird sie hier jetzt vor allem vom Schwertschnabel-Kolibri, der sich auf ihren Nektar spezialisiert hat. Mit elf Zentimetern ist sein Schnabel – relativ zur Größe seines Besitzers – der längste Schnabel der Vogelwelt. Für andere Vögel ist der süße Nektar am Grund der tiefen Blütenkelche außer Reichweite, aber der Schwarzbauch-Hakenschnabel kennt einen Trick: Er hackt von außen ein Leck in den Blütenkelch und gelangt so ebenfalls an den Nektar – bei der Bestäubung der Engelstrompete hilft er damit aber nicht.

Die niederschlagsarmen Westhänge der Nord-Anden bieten keine idealen Bedingungen für feuchtigkeitsliebende Amphibien. Der Marañón-Baumsteiger-Frosch hat aber einen Ausweg gefunden: In den Blattkelchen der Bromelien bleibt immer ein bisschen Wasser stehen. Diese Wassermengen – und die darin lebenden Insektenlarven – reichen aber nicht aus für die gesamte Nachkommenschaft. Also trägt der Baumsteiger jede einzelne der Kaulquappen, sobald sie geschlüpft sind, huckepack in ihren eigenen Bromelienkelch – je ein separates „Kinderzimmer“ für gut ein halbes Dutzend Kinder.

 

Flamingos im Laguna Colorada (Bolivien).  Bild: Sender / ORF / Light and Shadow / Christian Baumeister
Flamingos im Laguna Colorada (Bolivien). Bild: Sender / ORF / Light and Shadow / Christian Baumeister